
Ärmel hochkrempeln in der Krise
Wenn selbst das Nötigste fehlt. Wenn der Kühlschrank leer und schlicht kein Geld da ist, um Lebensmittel zu besorgen. Eine Situation, die sich viele für unser Land noch kurz vor Corona nicht vorstellen konnten. Und noch viel weniger, dass es sie selbst treffen könnte. Doch dann kam die Krise. Mit ihr kam die Kurzarbeit. Und die Massenarbeitslosigkeit.
Nicht damit gerechnet
Schon in den ersten beiden Wochen nach Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen hatten die Sozialberatungsstellen der Caritas einen Anstieg an Anfragen verzeichnet. Und sie sollten nicht abreißen. Immer mehr Hilfesuchende wandten sich an Michaela Haunold und ihr Team. Auffallend dabei: Es waren längst nicht mehr nur jene, die bereits am Rande der Gesellschaft und finanziell mit dem Rücken zur Wand gestanden waren. „Es waren sehr viele Menschen, die selbst nicht damit gerechnet hätten“, sagt Michaela Haunold. Menschen, die bis dahin mitten im Berufsleben gestanden waren und in der Lage waren, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Menschen, die von einem Tag auf den anderen ohne Einnahmen, aber mit Ausgaben dastanden. Bei der Leiterin der zwölf Caritas-Sozialberatungsstellen und ihren MitarbeiterInnen schrillten die Alarmglocken.
„Ich finde es ein schönes Zeichen, dass wir als Kirche es auch schaffen, materiell zu helfen.“
Michaela Haunold, Leiterin Caritas-Sozialberatungsstellen in OÖ
Ein leerer Kühlschrank
Unterstützen die Sozialberatungsstellen sonst vorwiegend mit Beratung oder auch einer ersten finanziellen Überbrückungshilfe, war jetzt raschere Hilfe notwendig. Steht jemand vor einem leeren Kühlschrank und weiß nicht, was die Kinder in den kommenden Tagen zu essen bekommen sollen, dauert selbst das Überweisen von Geld zu lange. „Wichtig ist, dass zuerst einmal die Grundbedürfnisse gedeckt sind. Dann kann man mit der Beratung anfangen“, sagt Michaela Haunold.
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Mag.a (FH) Michaela Haunold, Leiterin der Caritas-Sozialberatungsstellen, Caritas-Beratungsstelle LENA, Caritas-Krankenzimmer, Help-Mobil und Kontaktstelle für ArmutsmigrantInnen
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Rasche Hilfe
So entstand die Idee zur Soforthilfe mittels Lebensmittelpaketen. Diese sollten nach telefonischer Vereinbarung und unter Einhaltung sämtlicher Sicherheitsvorkehrungen von Sammelstellen abgeholt werden können. Und weil Michaela Haunold in früheren Jahren selbst in der Katholischen Jugend aktiv war, kam ihr die Idee, die Jungen mit ins Boot zu holen. Die Kooperation von Caritas für Menschen in Not mit der Katholischen Jugend OÖ, unterstützt durch Pfarren und kirchliche Jugendzentren, war geboren.
In der Katholischen Jugend fand das Ansinnen auch sofort Anklang. Innerhalb weniger Tage stand das Konzept, und die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Jugendzentren und Pfarren wurden zu Sammelstellen, in denen junge HelferInnen – unter strengen COVID-19-Schutzmaßnahmen – Spenden entgegennahmen und verteilten. Vorwiegend länger haltbare Produkte: Nudeln, Suppeneinlagen, Reis, Dosengemüse, Sugo, Öl, Marmelade und andere Lebensmittel dieser Art. Und auch Gutscheine.
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Ressourcen nützen
„Für uns war gleich klar, dass wir mitmachen“, sagt Manfred Hofmann. Als Leiter steht er der Abteilung „KJ Regionale Jugendarbeit“ vor. „Wir hatten auch das Bedürfnis, etwas zu tun. Bei uns und in den kirchlichen Jugendzentren sind durch Schließungen Ressourcen frei geworden. Die wollten wir sinnvoll nützen.“ Auch für Martina Wöckl, die die Leitung des Projekts für die Katholische Jugend übernahm, war es keine Frage, dass sie hier die Ärmel hochkrempeln würde, weil es eine Möglichkeit sei, Not zu lindern: „Niemand in unserem Land sollte Hunger leiden müssen“, sagt sie. „Und es sollte auch Hoffnung vermittelt werden: So ist erfahrbar, dass jemand da ist. Dass die Kirche da ist und den Ruf hört.“ Das sieht auch Michaela Haunold so: „Es hat gleich Onlinegottesdienste und andere Angebote gegeben. Ich finde es aber ein schönes Zeichen, dass wir als Kirche es auch schaffen, materiell zu helfen.“
Bereits im Jahr 2019 erhielten 10.981 Menschen in Not Unterstützung durch die zwölf Caritas-Sozialberatungsstellen in Oberösterreich – beispielsweise in Form von Lebensmittelgutscheinen, Kleidung, Unterstützung für Miete, Heizung und Strom. Dazu gab es umfassende Beratung. Durch die Coronakrise ist die Caritas heuer zusätzlich stark gefordert.
Dieser Beitrag erschien zuerst in spirit – Das Magazin für MitarbeiterInnen der Katholischen Kirche in Oberösterreich.