
Gott ist ein Freund der Blasmusik
Zehntausende Menschen an vier Tagen. Die Sonne brannte, Musik tönte durch die Luft, es wurde getrunken, gegessen und selbst musiziert. Bei fünf Bühnen konnte man Ende Juni von klassischer Volksmusik bis „Querbeet was geht“ ein einmaliges Festival-Feeling beim „Woodstock der Blasmusik“ im Innviertel erleben.
Zwischen all den Feierwütigen und Musikbegeisterten, neben Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die die Atmosphäre im „Ausnahmezustand“ genossen, waren zwölf Personen mit besonderem Statement unterwegs. „Ein Herz für deine Seele“ stand auf ihren T-Shirts und auf ihren orangen Warnwesten „Festivalseelsorge“. Florian Baumgartner, Regionskoordinator bei der Katholischen Jugend im Innviertel, organisierte die Gruppe der Festival-SeelsorgerInnen. Sie hatten ein offenes Ohr für die leisen Zwischentöne abseits der Musikbühnen.
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Florian Baumgartner und Stefanie Brandstetter als SeelsorgerInnen am Woodstock der Blasmusik. Foto (c) Klaus Mittermayr. |
„Wofür seid ihr da?“
Von den BesucherInnen des Festivals wurden sie oft mit der Frage „Wofür seid ihr da?“ konfrontiert. Es gehe ohnehin allen gut, meinten viele. Das war dann oftmals der Einstieg in Gespräche über Gott und die Welt. Hunderte Gespräche ergaben sich in den vier Tagen des Festivals.
Auch bei anderen Festen und Festivals waren heuer SeelsorgerInnen mit dabei. Nicole Leitenmüller beispielsweise, ebenfalls Regionskoordinatorin bei der Katholischen Jugend – im Mühlviertel – organisierte die Festl-Seelsorge bei der School-Out-Party in Arnreit. Oder Veronika Kitzmüller, Pfarrassistentin in Linz-St. Magdalena, war mit einem Team beim „Ufern“, dem Donau-Strand-Fest in Linz-Urfahr „ansprechbar“.
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Teilweise entwickelten sich auch intensive Gespräche bei den verschiedenen Festivals. |
Teils oberflächlich, teils intensiv
Die Gespräche auf den Festivals waren teils oberflächlich, teilweise haben sich aber auch sehr intensive Gespräche ergeben. „Eine Straßenzeitungs-Verkäuferin beispielsweise hat sich hergesetzt und ganz lange erzählt. Sie ist glaube ich eine Stunde bei mir gesessen“, erzählt Veronika Kitzmüller von einer Begegnung beim „Ufern“.
Florian Baumgartner berichtet von einem jungen Mann, der bei der Feuerwehr aktiv ist. Er suchte das Gespräch, weil er nicht wusste, wie er mit den Bildern von Autounfällen umgehen sollte, die ihm immer wieder kamen. Dieser junge Mann konnte daheim mit niemandem reden und vertraute sich so am „Woodstock der Blasmusik“ einem Seelsorger an.
Und Nicole Leitenmüller erzählt von einer Jugendlichen, die nach guten Argumenten fragte, warum sie zukünftig Kirchenbeitrag zahlen solle. Sie war etwas verblüfft, als sie erfuhr: „Dass ich hier heute stehe ist ein Grund, warum du Kirchenbeitrag zahlen könntest.“
Ein besonderer Renner bei der School-Out-Party in Arnreit im Seelsorge-Zelt war die „Docking-Station“: Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht, dass man dort die Handys aufladen konnte. „Man muss sich halt Dinge einfallen lassen, die nicht viel Geld kosten, die aber bei Jugendlichen Großes bewirken“, meint Leitenmüller dazu.
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Nicole Leitenmüller |
Florian Baumgartner | Veronika Kitzmüller |
„Wow“-Effekt und Gänsehautmoment
Für viele Jugendliche und auch Erwachsene löst der Anblick von „Kirche am Festival“ einen „Wow“-Effekt aus. Es ist nicht das gewohnte Bild von Kirche, das hier zum Vorschein kommt. „Wir wissen als Kirche schon, dass es nicht gut ist, immer in den eigenen Mauern sitzen zu bleiben. Bei so einem Fest habe ich eine ganz andere Rolle, das ist etwas ganz Anderes und die Menschen wissen das zu schätzen“, weiß Veronika Kitzmüller um den Reiz eines solchen Angebotes.
Seit einigen Jahren wurde in einem Stadel am Festivalgelände beim Woodstock der Blasmusik auch Gottesdienst gefeiert, 2019 wurde dieser erstmals verlassen und man pilgerte mit dem Gottesdienst am Sonntag zur Hauptbühne, weil der Stadel zu klein wurde. Einen besonderen Gänsehautmoment hatte Florian Baumgartner am letzten Tag des Festivals. Mit mehr als 1000 BesucherInnen feierte er am Sonntag auf der Hauptbühne einen Gottesdienst. Dabei wurde zum Schluss das Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ gespielt und gesungen. Es war extra für Blasmusikinstrumente umgeschrieben worden und einige hundert MusikerInnen und SängerInnen sangen und musizierten mit. Ein fast unbeschreiblicher Moment. Vielleicht ist Gott ein Freund der Blasmusik?
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Einen besonderen Gänsehautmoment verursachte Festival-Seelsorger Florian Baumgartner, als Hunderte MusikerInnen und SängerInnen "Von guten Mächten wunderbar geborgen" musizierten und sangen. |