Wie ging Jesus auf dem Wasser?
In den Evangelien finden wir die Erzählung, wie die Jünger Jesu eines Nachts auf dem See Genezareth in einen Sturm geraten. Im Moment größter Verzweiflung passiert etwas komplett Ungewohntes, die Naturgesetze außer Kraft Setzendes: Jesus kommt – auf dem Wasser gehend – zu den Jüngern. Diese können es nicht glauben. Jesus fordert Petrus dazu auf, selbst auf dem Wasser zu gehen. Petrus wagt es, er bekommt aber Angst und geht unter. Er schreit um Hilfe, Jesus streckt ihm die Hand entgegen und zieht ihn hoch.
So wie viele Textstellen in den Evangelien ist auch diese nicht wie ein Zeitungsartikel zu lesen. Es ist eine Erzählung mit Symbolkraft. Den Sturm könnte man als ein Sinnbild für Krisen im Leben verstehen. Wir alle kennen „stürmische Zeiten“ oder das Gefühl, in überfordernden Situationen „unterzugehen“. Petrus steht stellvertretend für uns „normale“ Menschen. So wie zu ihm sagt Jesus zu uns allen: Fürchtet euch nicht vor den Schwierigkeiten des Lebens! Habt Vertrauen in euch selbst, in andere und in Gott!
Hier muss die doppelte Symbolik des Wassers mitbedacht werden. Es ist Lebensspender und Nahrungsquelle. Viele Jünger Jesu waren Fischer, lebten also am und vom See. Gleichzeitig kann Wasser Verderben und Zerstörung bringen. Also: Das Leben ist wunderbar und grausam zugleich – und den Schlüssel, damit umzugehen, finden wir im Glauben und im Vertrauen.
ANDREA WINTER, 50, unterrichtet Religion am BG/BRG Ramsauerstraße in Linz und ist Landes-ARGE-Leiterin für AHS-ReligionslehrerInnen in der Diözese Linz.
Der Beitrag erschien erstmals in "Grüß Gott! – Magazin über Gott und die Welt" Herbst 2021, herausgegeben von der Katholischen Kirche in Oberösterreich.
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