Segen per Mausklick
Wir haben Florian Wegscheider gefragt. Er ist Experte, denn er arbeitet am Institut für Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie an der Katholischen Privat-Universität Linz. „Sakramente werden nicht empfangen, sondern gefeiert“, sagt er. Im Feiern liegt die Antwort darauf, ob es Sakramente digital geben kann. Digitales Feiern klingt nicht nur sehr einsam, es widerspricht auch dem Verständnis des Menschen als Verbindung von Körper und Geist. Darum werden die Sakramente mit Zeichen gefeiert – wie mit der Salbung mit Öl bei Taufe und Firmung.
Beichte digital
Ein Sakrament, das von der digitalen Welt dennoch aufgegriffen wurde, ist die Beichte. Auf dubiosen Websites tippen Menschen ihre Sünden ab, bestätigen per Mausklick, dass sie bereuen, und schon singt der Engelchor im Hintergrund. Auf anderen Portalen sind die abgetippten Beichten für alle sichtbar zum Durchlesen und sogar zum Kommentieren online. „Das hat mehr mit Voyeurismus zu tun als mit einer echten Beichte“, sagt Wegscheider. „Die Beichte ist das Sakrament der Versöhnung – mit Gott und den Menschen. Ein paar schnell getippte Zeilen, ein fröhliches Emoji – das ist zu einfach. Versöhnung ist Beziehungsarbeit.“ Jemandem in die Augen schauen, zu den eigenen Fehlern stehen, die Situation aushalten müssen, kein späteres Antworten, kein Wegdrücken und Ignorieren. Das erfordert Mut, ist aber jedenfalls lohnender und echter als die digitale Variante.
„Ein paar schnell getippte Zeilen, ein fröhliches Emoji – das ist zu einfach.“
Florian Wegschaider arbeitet am Institut für Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie an der Katholischen Privat-Universität Linz.
Segen vom Roboter
Langsam fahren die Arme nach oben, die mechanischen Finger öffnen sich, die Lämpchen gehen an und eine blechende Stimme liest einen Segensspruch zu einem zuvor ausgewählten Thema. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau hat im Rahmen der Weltausstellung der Reformation in Wittenberg 2017 den Segensroboter „BlessU-2“ präsentiert. Er sollte BesucherInnen der Ausstellung dazu anregen, sich mit Themen wie Segen, Feiern, digitale Welt und künstliche Intelligenz auseinanderzusetzen. Auch in einem interaktiven Gottesdienst kam er zum Einsatz. Die Reaktionen der BesucherInnen waren ernüchternd. Sogar von Blasphemie war die Rede. Diese Reaktionen zeigen, dass Segen von Menschen als etwas sehr Persönliches wahrgenommen wird. „Ich möchte Gott um seinen Segen für dich bitten.“ Segen in idealer Form ist für Florian Wegscheider ein persönliches Geschehen. „Ein Segensroboter kann nur ein Anstoß sein, sich zu überlegen, was Segen bedeutet, kein Automat, der Segen spenden soll.“
Päpstlicher Segen übers Fernsehen?
Und der päpstliche Segen „Urbi et Orbi“? Zu Ostern und Weihnachten erteilt der Papst diesen Segen von der Loggia über den Portalen des Petersdoms. Massenmedien verbreiten ihn weltweit. Urbi et Orbi – der Stadt und dem Erdkreis – hat ja schon im Namen die Intention, die gesamte Welt zu segnen. Dazu sagt der Experte Wegscheider: „Hier kommt es nicht auf das Empfangen an, sondern aufs Mitfeiern, auf die Absicht, sich mit der weltweiten Gemeinschaft der Kirche zu verbinden.“
Kurz und gut könnte die Antwort also heißen: Sowohl bei den Sakramenten (wie Taufe, Firmung, Ehe, Beichte etc.) als auch beim Segnen kommt es auf das persönliche Gegenüber an und auf das gemeinsame Mitfeiern.